Es ist ein Treffen der Generationen und der Kulturen. Der Pianist Lang Lang stammt aus China, ist mit seinen 27 Jahren trotz aller bisherigen Erfolge noch am Anfang einer großartigen Künstlerbiografie. Sein Gegenüber an der Geige Vadim Repin gehört zu den Erben der russischen Ausbildungstradition und ist gut ein Jahrzehnt älter als der juvenile Kollege. Der Cellist Mischa Maisky schließlich zählt lange schon zu den größten Instrumentalisten seines Fachs und versteht sich mit 61 Jahren trotz seiner baltisch-russischen Wurzeln längst als musizierender Weltbürger. Zusammen widmen sie sich zwei Perlen spätromantischer Kammermusik, dem „trio élégiaque“ von Sergej Rachmaninoff und dem „a-moll-Trio“ von Piotr Tschaikowsky.
Nikolai Rubinstein war eine schillernde Persönlichkeit des russischen Musiklebens. Als Pianist, Dirigent und Lebemann gehörte er zu den prägenden Figuren am Konservatorium von St. Petersburg. Als er 1881 im Alter von nur 46 Jahren starb, war das für seinen ehemaligen Schüler Piotr Tschaikowsky ein großer Schock, der wiederum in den Wunsch mündete, dem Mentor ein musikalisches Denkmal zu setzen. Daher griff der Komponist zu einer ungewohnte Methode, indem er eine künstlerische Form wählte, die er bislang weitgehend außer acht gelassen hatte. In einem Brief an seine Mäzenin Nadeschda von Meck meint Tschaikowsky: „Weißt Du noch, Du hast mir einmal geraten, ein Trio für Klavier, Violine und Cello zu schreiben, und kannst Du Dich auch noch an meine Antwort erinnern? Ich gab zu, dass ich eine Abneigung gegen diese Kombination von Instrumenten hege. Doch trotz dieser Abneigung empfinde ich jetzt plötzlich das Bedürfnis, mich mit dieser Art von Musik zu prüfen […] Ich habe bereits den Anfang eines Trios skizziert.“ Es dauerte nur drei Wochen und das Werk war vollendet. Es wurde anlässlich des ersten Todestags Rubinsteins im März 1882 am Moskauer Konservatorium uraufgeführt.
Es ist ein Werk von großer emotionaler Tiefe, das auch den jungen Sergej Rachmaninoff in den Bann zog. Er schrieb sein „Trio élégiaque“ anno 1892, gerade einmal 19 Jahre alt, und bezog sich in vielen Details deutlich auf das Vorbild seines Landsmanns. Allerdings war sein eigener Schreibstil bereits ausgereift genug, so dass sein Trio weit davon entfernt war, als Plagiat zu gelten. Im Gegenteil: Rachmaninoff setzte Tschaikowskys Gestaltungstradition kreativ in der nächsten Generation fort, stellenweise abstrakter und harmonisch gewagter, aber mit durchaus vergleichbarem emphatischen Impetus. Das verbindet die beiden Werke auch in der Einschätzung eines erfahrenen Meisters wie Mischa Maisky, der darin noch viele weitere Qualitäten entdeckt: „Ich bin mit Rachmaninoff aufgewachsen, seine Musik liegt mir im Blut. Dieses Stück habe ich aber erst vor kurzem in mein Repertoire aufgenommen. Es ist unprätentiös, doch auch sehr schön und wunderbar zu spielen. Obwohl Rachmaninoff einer der besten Pianisten überhaupt war und er seine meisten Kompositionen für dieses Instrument schrieb, klingt doch vieles, als sei es für das Cello bestimmt; ich fühle mich da sehr zu Hause.“
So macht es Sinn, die Trios miteinander zu kombinieren. Tatsächlich gelingt es Lang Lang, Vadim Repin und Mischa Maisky mit faszinierender Finesse, deren besondere Eigenheiten herauszuarbeiten und zugleich die Gemeinsamkeiten zu wahren. Und es zeigt, dass hier drei sehr unterschiedliche und sich gerade deshalb ergänzende Könner am Werk sind. Lang Lang, für den es die erste Kammermusikaufnahme überhaupt ist, schafft es, sowohl jugendliches Feuer wie strahlende Klangfeinheit zu entfalten. Vadim Repin kontert mit pointierter und zugleich warmherziger Präzision an der Geige und Mischa Maisky hält die Musik mit erfahrener Sonorität und markanter Linienführung zusammen. Was vor ein paar Jahren als fixe Idee nach einem gemeinsamen Auftritt beim Schweizer Verbier Festival entstand, mündete auf diese Weise in ein kammermusikalisches Gipfeltreffen mit dem Potential zu einer neuen klassischen Referenzgröße.
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Lang Lang,
Vadim Repin und
Mischa Maisky finden Sie auf deren Künstlerporträtseiten bei KlassikAkzente.