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Meredith Monk

Das Klavierwerk von Meredith Monk – “Piano Songs”

Bruce Brubaker, Meredith Monk, Ursula Oppens
© Andrew Hurlbut / ECM Records
20.03.2014
“Meine Arbeit ist wie eine farbige Flüssigkeit; sie verändert sich ständig. Manchmal ist sie rein weiß, manchmal trüb. Meistens ist sie namenlos und verändert ihre Größe. Manchmal verfestigt sie sich für einen bestimmten Raum und eine bestimmte Zeit zu einer Form; dann hat sie einen Namen: sie nennt sich ein Stück. Sie wird in einen Behälter gegossen und verfestigt sich in dieser Form. Dann, wenn es vorbei ist, verdampft sie, verwandelt sich in Gas, dann wieder zurück in Flüssigkeit und fließt immer weiter und weiter”, notierte Meredith Monk 1970 in ihrem Tagebuch.
Eine Form, zu der die vielseitige Künstlerin in ihrer fast 50-jährigen Laufbahn immer wieder zurückkehrte, ist die Klavierminiatur. So entstand neben ihren Gesangsarbeiten, Opern, Musiktheater-Produktionen, Performances und Filmen ein kleines, eindrucksvolles Klavierwerk. 2007 hat Meredith Monk, die ihre Musik nur selten schriftlich fixiert, ihre Werke für Soloklavier und zwei Klaviere beim Verlag Boosey & Hawkes publiziert. Diese Edition bildet die Basis der im April 2012 entstandenen Aufnahmen, die nun ergänzt um vier Transkriptionen – zusammengefasst im ersten Monk-Album mit rein instrumentaler Musik – bei ECM New Series unter dem Titel “Piano Songs” erscheinen, eingespielt von Bruce Brubaker und Ursula Oppens.

Das Klavier, immer präsent

Meredith Monk erhielt schon als Dreijährige Klavierunterricht. Im Alter von 10 Jahren, so erinnert sie sich in einem Interview, spielte sie Musik aus einem Heft mit modernen Klavierstücken, darunter Erik Satie, dessen “Gymnopédies” sie besonders liebt. Ihre ersten Kompositionen entstanden während ihrer Zeit in High School und College. Sie waren dem Klavier gewidmet. Damals wie später bezieht sie Inspiration aus den zarten und intimen Klavierwerken von Mompou, Satie, aus Strawinskis “3 histoires pour enfants” und Bartóks “Mikrokosmos”. “All die transparente und für mich sehr spirituelle Klaviermusik, die sehr viel Raum beinhaltet”, sagt sie.
Nach ersten Erfolgen mit interdisziplinären Arbeiten, die ab Mitte der 1960er Jahre entstehen, entdeckt Monk den ungewöhnlichen expressiven Reichtum ihrer Stimme und entwickelt ihre berühmten erweiterten Gesangstechniken. Der Schlüsselmoment ihres Künstlerlebens ereignet sich am Klavier. “Ich sehnte mich danach, zu Singen, richtig zu Singen, nicht nur hier und dort ein wenig mit Gesang zu arbeiten. Also setzte ich mich wieder ans Klavier und begann mit ganz gewöhnlichen Vokalise-Übungen”, erinnert sie sich. “Und dann, eines Tages, hatte ich eine Art Offenbarung, dass meine Stimme ein Instrument sein könnte.”

Unmittelbarkeit und Transparenz

Die auf “Piano Songs” versammelten Stücke entstehen ab den frühen 1970er Jahren, “jedes eine eigene Welt mit seiner eigenen Topographie, Textur und Stimmung”, schreibt Monk im Begleittext zum Album. Das Stück “Ellis Island” resultiert aus Experimenten mit Overdubbing und inspiriert sie, Musik für zwei Klaviere zu schreiben. “Ich erforschte unterschiedliche Beziehungen und Möglichkeiten zwischen ihnen; Material wanderte hin und her, Dialoge, miteinander verschränkte Phrasen, Wechsel zwischen Figur und Grund. In einigen Stücken betonte ich die Individualität jedes der beiden Klaviere, indem ich einem Spieler die Rolle des ‚Sängers‘ und dem anderen die der ‚Begleitung‘ zuwies. In anderen wollte ich, dass beide Klaviere zusammen einen großen Klang erzeugen.”
Über ihre Klaviermusik sagt Meredith Monk: “Unmittelbarkeit, Reinheit, Asymmetrie und vor allem Transparenz waren immer wichtig für mich. Die Oberfläche der Musik erscheint schlicht, doch die Komplexität im Detail und die Verbindung von Zurückhaltung und Expressivität fordern den Interpreten heraus. Jede Geste zeigt sich frei und klar.” Pianist Bruce Brubaker ergänzt: “In Merediths Klaviermusik gibt es eine faszinierende Balance zwischen Einfachheit und einer Art Musik, die man nie zuvor gehört hat. Es fühlt sich vertraut und zugleich fremd an. Einige Elemente klingen fast wie folkloristische Musik, doch sie fordern durch die Art, wie sie zusammen gefügt sind, heraus. Merediths Musik hat etwas wunderbar Unausweichliches, als sei sie im selben Maße entdeckt worden wie sie komponiert wurde.”

Eine neue Perspektive

Brubaker hat vier Stücke für “Piano Songs” neu arrangiert. “Parlour Games” stellte ihn vor besondere Herausforderungen. Das Stück entstand ursprünglich im Studio und setzt sich aus vier sukzessive aufgenommenen Klavier-Spuren zusammen. Monk, so erzählt Brubaker, besitzt nur noch Fragmente dessen, was sie 1988 aufgeschrieben hat. Für sein Arrangement erstellte er eine Transkription der Originalaufnahme und arbeitete sie für zwei Klaviere aus. Andere Stücke, wie “Urban March (Shadow)” vom Album “Mercy”, begannen als Kompositionen für Stimmen oder für Stimmen und andere Instrumente. “Diese in eine andere Welt zu versetzen, gibt uns die wundervolle Möglichkeit, diese Musik ganz neu zu hören”, sagt Bruce Brubaker.

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