Meredith Monk lässt sich Zeit. Sechs Jahre sind vergangen, seit sie ihr Album “Mercy” veröffentlichte, sechs Jahre, in denen die amerikanische Kulturwelt sich nachhaltig veränderte, ihre Lebenspartnerin starb und sie ihr im Juli 2004 mit der Multimedia Performance “Impermanence” ein Denkmal setzte. Längst als eine der richtung-
weisenden Künstlerinnen der New Yorker Szene profiliert, hat sie sich nun mit der CD-Version des Projektes an eine an sich unlösbare Aufgabe gemacht, die trotzdem zu einem beeindruckenden Klangstatement wurde.
“In mancher Hinsicht”, meint Meredith Monk im Booklettext zu “Impermanence”, “ist es eine unmögliche Aufgabenstellung, ein Stück über die Vergänglichkeit zu gestalten. Man kann bestenfalls ein wenig an der Oberfläche des Phänomens kratzen, sich der Wahrnehmung versichern, dass alles im Fluss ist, alles ständig sich verändert und wir dem nicht Einhalt gebieten können. … Ich kann daher nur flüchtige Einblicke bieten und eine Musik entwerfen, die beziehungsreich sein kann, aber im gleichen Zug Raum für den Zuhörer lässt, eigene Antworten zu finden.”
Ein wenig Understatement schwingt da mit, schließlich ist es der Sängerin, Choreographin, Komponistin und Performance-Künstlerin bis jetzt noch mit jedem ihre Projekte gelungen, die Szene zu beeindrucken. Geboren im peruanischen Lima, zog sie Anfang der Sechziger in das New Yorker Kulturengemenge, um dort am Sarah Lawrence College zu studieren. Die umtriebige Epoche, in der augenfällig die bisherigen Gestaltungssysteme havarierten und vom Free Jazz auf der einen bis zur Minimal Music auf der anderen Seite neue Vorstellungen von Klang, Form, Bewegung postuliert wurden, hinterließen bei der Kunst-Novizin deutliche Spuren und führten dazu, dass sie sich bereits 1968 mit der eigenen Theatergruppe “The House” präsentierte. Ihre Performances brachten sie immer wieder mit Sprache, Stimme und deren wechselhaften Bedeutungsebenen zusammen. Nach einem Jahrzehnt stellte sie daher unter dem Namen “Meredith Monk and Vocal Ensemble” eine Formation zusammen, die 1981 für “Dolmen Music” prompt den Preis der Deutschen Schallplattenkritik bekam.
Seitdem berufen sich so unterschiedlichen Kollegen wie Bjørk, DJ Spooky, Laurie Anderson, Kate Bush auf die klanglichen und stimmlichen Errungenschaften der New Yorkerin, auf die Formen der Symbiose mit audiovisuellen Medien, aber auch auf ihr ästhetisches Konzept im Allgemeinen. Regisseure wie Jean-Luc Godard oder auch die Coen-Brüder greifen auf ihrer Soundscapes zurück. Die Erwartungen an ihre Werke sind hoch, aber sie schafft es mühelos, ihnen mit Aufnahmen wie “Impermanence” zu genügen.
Es handelt sich um eine 16teilige Suite, in memoriam des Choreographen und Lebenspartners Monks Mieke van Hoek, die sich vom “Last Song” aus anhand von Kapiteln wie “Last Ditch”, “Last Supper” oder “Last Rose Of Summer” dem Thema des Ephemeren widmet. Monks musikalische Mittel reichen von der Vokalpolyphonie der Renaissance über volksmusikalische Vielstimmigkeit bis hin zu den Mitteln der Avantgarde, den Geräuschen und Atmern, allerdings mit klarer Vorliebe für den Zusammenklang, das Minimalistische, Feine gegenüber den harten Kontrasten. Mit Kollegen wie Theo Bleckmann, Ellen Fisher, Katie Geissinger und Instrumentalisten wie der Pianstin Allison Sniffin, dem Perkussionisten John Hollenbeck und dem Holz-Bläser Bohdan Hilash hat sie außerdem hervorragende Solisten an ihrer Seite, die “Impermanence” zu einem weiteren Meisterstück der musikalischen Balance werden lassen