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Der Jahrhundertring – Chéreaus legendäre Inszenierung erstmals auf Blu-ray Video

Wagner: Ring des Nibelungen
© Unitel
19.07.2022
Keine Aufführung hat die Bayreuther Festspiele im 20. Jahrhundert nachhaltiger geprägt als Patrice Chéreaus bahnbrechende Inszenierung von Wagners Ring. Die Aufführung von 1976 schrieb Operngeschichte. Sie setzte sich nach anfänglicher Skepsis und heftigen Protesten der konservativen Fraktionen des Publikums im Laufe der Jahre eindrucksvoll durch. Heute gilt sie als unabdingbare, nicht zu hintergehende Modernisierung des Wagner-Bildes der Gegenwart. 
Chéreau hatte die Bayreuther Szene mächtig aufgewühlt. Seine Idee, das Setting des Rings ins frühe Industriezeitalter zu verlegen, verlieh Wagners schillernder Mythenwelt eine ungeahnte Aktualität. Das dramatische Geschehen der den Ring bildenden vier Opern “Das Rheingold”, “Die Walküre”, “Siegfried” und “Götterdämmerung” diente dem Regisseur als Spiegel für die aus seiner Sicht “schreckliche Perversion der Gesellschaft”.   
Geniestreich von Pierre Boulez 
Der französische Theatermann konfrontierte das Publikum mit den sozialen Problemen der Arbeitswelt und stellte die traditionelle Logik am Grünen Hügel völlig auf den Kopf. Weisheitliche und heroische Gestalten wie Wotan oder Siegfried traten als herrschsüchtig und heuchlerisch in Erscheinung. Dagegen verwandelten sich typische Bösewichte wie Alberich oder Mime in Opfer der Gesellschaft. Alles roch nach Veränderung in jenem Jahr 1976, in dem die Bayreuther Festspiele ihr hundertjähriges Bestehen feierten.
Chéreau war der erste Nicht-Deutsche und mit 31 Jahren der jüngste Regisseur, der in Bayreuth inszenieren durfte. Ihm zur Seite stand der große Komponist und Dirigent Pierre Boulez, der im Orchestergraben eine musikalische Revolution anzettelte. Boulez verlangte dem Festspielorchester einen kammermusikalischen Ton ab, dessen entschiedene Pathosferne komplett den Gewohnheiten des opulenten Wagner-Ideals widersprach, heute jedoch gerade deshalb, der klanglichen Finesse wegen, Bewunderung hervorruft.  
Ästhetische Faszination 
Eine wuchtige Wirkung entfaltete das Bühnenbild. Richard Peduzzi veranschaulichte mit einfachen Mitteln wie einem mächtigen Räderwerk oder einem überdimensionalen Dampfhammer die ästhetische Faszination und unheimliche Atmosphäre der frühen Industriewelt. Unter den Sängerstars des glänzenden Castings der Aufführung, die bis 1980 lief, stachen Gwyneth Jones als Brünnhilde in der Walküre, Peter Hofmann in der Rolle des Siegmund und Donald McIntyre als Wotan im Rheingold und im Siegfried hervor. 
Jetzt erscheint die revolutionäre Inszenierung erstmals auf Blu-ray Video, neu gemastert in HD-Qualität. Die sinnliche Qualität der Ausgabe ist enorm. Man wird hautnah an das Bühnengeschehen herangeführt und erlebt den poetischen Reichtum der Musik ganz neu. Neben den vier Discs mit den Opern wartet die Edition mit einem Making-of der Inszenierung auf. Die Dokumentation gewährt faszinierende Blicke hinter die Kulissen der Aufführung. Das Booklet lockt mit kenntnisreichen Essays von Kenneth Chalmers und Pierre Boulez.

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