Man könnte sagen, dass Richard Clayderman 1976 geboren wurde, im Jahr des Erscheinens seines Welterfolgs „Ballade pour Adeline“. Clayderman, das ist nur der Bühnenname von Philippe Pagès. Der Pianist, damals 22 Jahre alt, muss geahnt haben, dass er mit seiner Aufnahme im Begriff war, Musikgeschichte zu schreiben. Weil die Aussprache seines bürgerlichen Namens im Ausland Schwierigkeiten hätte bereiten können, rieten ihm seine Produzenten vorsorglich zu einem Künstlernamen. So entschied sich Philippe Pagès, künftig unter dem Mädchennamen seiner schwedischen Urgroßmutter aufzutreten.
Adé zur klassische Pianistenlaufbahn
Pagès wurde 1953 in Paris geboren. Sein Vater, ein Klavierlehrer, machte den Jungen schon früh mit dem Tasteninstrument vertraut. Im Alter von 12 Jahren wurde er am Pariser Konservatorium aufgenommen. Einer Laufbahn als klassischer Pianist schien nichts im Wege zu stehen. Doch dies waren die 1960er Jahre. Der Rock & Roll fesselte den Teenager so stark, dass er beschloss, sich künftig ihm zu widmen. Mit Freunden gründete Philippe Pagès eine Rockband. Zurückblickend spricht er von einer Zeit der Mühsal und Entbehrungen – die Band musste um ihr Überleben kämpfen. Um seine finanzielle Situation zu verbessern, arbeitete der versierte Pianist zusätzlich als Studiomusiker und Klavierbegleiter für Künstler wie Johnny Halliday und Michel Sardou.
Ruhige Persönlichkeit
Der junge Mann mochte es am meisten, auf der Bühne eher am Rande des Geschehens zu agieren. Seine ruhige und ausgeglichene Persönlichkeit, von der seine bis heute ungewöhnlich weiche Stimme kündet, erschien bestens geeignet für die Rolle als Begleitmusiker. In Interviews erklärt Clayderman immer wieder, er habe nie den Wunsch verspürt, selbst als Star im Mittelpunkt zu stehen. Doch die Musikbranche hatte andere Pläne für den gutaussehenden Mann mit dem sanft gewellten blonden Haar. Das Produzentenduo Olivier Toussaint und Paul de Senneville suchte einen geeigneten Pianisten für die Aufnahme eines Stücks, das Senneville aus Freude über die Geburt seiner Tochter geschrieben hatte, die „Ballade pour Adeline“.
Gefühlsbetonter Klavierstil
Man lud 20 Pianisten zum Vorspielen. Die Wahl fiel schließlich auf Phillipe Pagès. Olivier Toussaint, der seit nunmehr 37 Jahren Claydermans Manager ist, erinnert sich an den besonderen Eindruck, den der Auserwählte hinterlies: „Er blickte den Zuhörern ins Gesicht, während er spielte. Das unterschied ihn von den anderen. Phillipe war keiner dieser Klaviervirtuosen, die permanent nur auf die Tasten blicken, sondern er spielte seinem Publikum zugewandt.“ Der gefühlsbetonte Klavierstil des Pianisten und das angenehme Äußere taten ihr Übriges. Richard Claydermans Aufnahme der „Ballade pour Adeline“ ging um die Welt und verkaufte bis heute mehr als 22 Millionen Kopien.
Erfolgreichster Pianist der Welt
Insgesamt hat er über 50 Alben veröffentlicht und davon rund 80 Millionen Exemplare verkauft. Er gilt damit als erfolgreichster Pianist aller Zeiten. Sein Markenzeichen sind ein romantischer Klavierstil und ein besonderes Händchen für träumerische Melodien, denen Claydermans stets besonderes Augenmerk bei der Zusammenstellung neuer Alben und Konzertprogramme schenkt. Ein typisches Clayderman-Album führt eingängige Klassik und angenehme Popmusik zusammen, es beinhaltet gefühlvolle Arrangements berühmter Melodien aus der Filmmusik, dem Musical und der Pophistorie, die Clayderman auf den Leib geschrieben sind.
Der „Prinz der Romantik“ ist zurück
Nach zehn Jahren Studiopause, in denen er die Welt auf seinen ausgedehnten Tourneen bereiste, präsentiert Richard Clayderman nun ein neues Album. Auf „Romantique“ interpretiert der Pianist, dem keine Geringere als Nancy Reagan einst den Beinamen „Prinz der Romantik“ gab, eine persönliche Auswahl traumhafter Melodien, von einem Medley mit Themen aus dem Musical „Les Miserables“ und Klavierarrangements der Puccini-Arien „O Mio Babbino Caro“ und „Nessun Dorma“ bis hin zu „Someone Like You“ von Adele und dem Titelthema aus dem Film „Schindlers Liste“. Gewissermaßen als Zugabe enthält „Romantique“ auch die Originalversion der „Ballade pour Adeline“. Mit dem Beinamen „Prinz der Romantik“, der dank dieses neuen Albums wieder in aller Munde ist, fühlt sich Richard Clayderman gut getroffen. Seine Musik und nicht zuletzt er selbst, so der Pianist, seien nun einmal hoffnungslos romantisch.