Momo Kodama | News | Vom Orient zum Okzident – Momo Kodama spielt Hosokawa und Debussy

Vom Orient zum Okzident – Momo Kodama spielt Hosokawa und Debussy

Momo Kodama
© Jean-Bapstiste Millot / ECM Records
25.01.2017
Die völkerverbindenden Möglichkeiten der Kunst wurden in den letzten Jahren oft beschworen. Daniel Barenboim hat mit der Gründung des West-Eastern Divan Orchestras das vielleicht wirksamste öffentliche Zeichen gesetzt. Hier musizieren Israelis, Palästinenser und andere arabischstämmige Künstler an einem Ort zusammen. Manche Instrumentalisten verkörpern Internationalität aber auch in einer Person. Sie haben unterschiedliche kulturelle Einflüsse in sich aufgenommen und versuchen sie miteinander ins Gespräch zu bringen.
Eine solche Künstlerin ist Momo Kodama. Im Westen Japans, in Osaka geboren, fand die begabte Pianistin schon früh ihren Weg nach Europa. Bereits im Alter von dreizehn Jahren trat sie ins renommierte Conservatoire de Paris ein. Das war in den 1980er Jahren, und die blutjunge Musikerin war damals schon reif genug, um sich auf die Feinheiten ihres Spiels zu konzentrieren und ihren ästhetischen Neigungen nachzuspüren. Was sich dabei herauskristallisierte, war ein Repertoire zwischen japanischer und französischer Literatur.

Vom Orient zum Okzident: Momo Kodama

Momo Kodama hat nie zwanghaft nach musikalischen Berührungspunkten zwischen Europa und Asien gesucht. Sie wurde fündig, bevor sie zu suchen begann. Der Dialog zwischen Orient und Okzident fand bei ihr nicht öffentlich statt, sondern in ihrem Inneren, rein intuitiv, und nur der Musik gehorchend. Man könnte sagen: Es hat sich so ergeben. Der pianistische Eigensinn, das Repertoire entstanden wie selbstverständlich aus ihren Lebensbedingungen.
Der Reiz daran sind die diskreten, kaum merklichen Verbindungen, die sie herzustellen weiß und deren lose Gestalt einen zwanglosen Tanz der Kulturen hervorbringen. Ihr neues ECM-Album zeugt von dieser Freiheit, von diesem Willen, einzig die Musik sprechen zu lassen und abzuwarten, was zueinanderfindet und was nicht. Momo Kodama kombiniert auf “Point and Line” Etüden von Claude Debussy (1862–1918) und dem japanischen Avantgarde-Komponisten Toshio Hosokawa (geboren 1955).

Impressionen: Die Klarheit des Ungefähren

Claude Debussy ist ein Meister allmählich ineinanderfließender Klangfarben. Dagegen kultiviert Toshio Hosokawa die Ausdruckskraft des einzelnen Tons. Doch was nach zwei gegensätzlichen Konzepten klingt, findet auf dem Album von Momo Kodama zusammen. Beides ist Impression, beides lebt von dem ersten natürlichen Eindruck, den der Komponist hatte und unmittelbar in Musik umsetzte.
Wenn man die durch Pausen klar getrennten, einzeln durch den Raum geisternden Klangmonaden von Toshio Hosokawa hört, dann stellt sich ein ähnliches Gefühl natürlicher Direktheit ein, wie wenn man den weichen Klangströmen Claude Debussys folgt. Das titelgebende Point and Line von Toshio Hosokawa demonstriert exemplarisch den Kult des japanischen Komponisten um den einzelnen Ton.
Dagegen bringt “Pour les Arpèges composés” von Debussy die organischen Fließbewegungen des französischen Impressionisten beispielhaft zum Vorschein. Momo Kodama spielt Hosokawa äußerst einfühlsam, beinahe weich. Bei Debussy hingegen überzeugt ihre Transparenz. Jede einzelne Klangfarbe tritt hier glasklar hervor. So arbeitet die japanische Pianistin durch ihr konterkarierendes Spiel selbst an den west-östlichen Verbindungen mit.
Aber Stücke wie Hosokawas weich fließendes “2 Lines” oder Debussys gegliedert anmutendes “Pour les Sonorités opposées” zeigen, dass es unabhängig davon stilistische Schnittmengen der beiden Komponisten gab. Wie könnte es auch anders sein bei einem japanischen Komponisten, der in Europa studiert hat, und einem Franzosen, den es seit jeher nach fremdartigen Klängen verlangte.       

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